Senat lobt Jens Spahns Mindestpflege – doch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz ist ein Gesetz gegen bedarfsgerechte Versorgung
9. November 2018 | Das heute vom Bundestag beschlossene Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) wird nicht nur vom Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus sehr grundsätzlich kritisiert. Seine Einführung schreibt den Pflegenotstand gesetzlich fest, da die Personalplanung weiterhin nicht am Bedarf der Menschen orientiert wird, sondern an sehr willkürlichen Untergrenzen. Sozial -und Berufsverbände, aber auch Pflegewissenschaftler und die Gewerkschaft ver.di haben das immer wieder deutlich gemacht und vor der Einführung dieses Gesetzes gewarnt. Das Gesetz sei demnach eine Scheinlösung und die Untergrenzen sogar gefährlich: Untergrenzen bestimmen, dass nur in den allerschlimmsten Fällen - den schlechtesten 25 Prozent - in lediglich vier Bereichen (Geriatrie, Unfallchirurgie, Intensivstationen, Kardiologie) und nur durchschnittlich mehr Personal eingesetzt werden muss.
Es steht zu befürchten, dass in Bereichen, die momentan noch über dieser Grenze liegen, Personal sogar reduziert wird. Auch der als Koryphäe geltende Pflegewissenschaftler Michael Simon ist sicher, dass die oberen 75 Prozent sich nach unten anpassen, also Personal sogar abbauen werden. Erste Geschäftsleitungen haben genau dies auch schon signalisiert, wie dem Bündnis vor wenigen Wochen auf dem Stuttgarter Kongress "Krankenhaus statt Fabrik" berichtet wurde. Zwar begrüßt das Bündnis die Finanzierung zusätzlicher Stellen, kritisiert aber, dass weiterhin keine Ermittlung des tatsächlichen Pflegebedarfs gesetzlich festgeschrieben ist. Eine Bedarfsermittlung aber lehnen sowohl Bundesgesundheitsminister Jens Spahn als auch die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks einhellig und strikt ab. Der Hamburger Senat klagt jetzt sogar gegen den Volksentscheid des Bündnisses, der eine solche Bedarfsermittlung zum Inhalt hat.
"Dieses Gesetz hat ein schwarzes Loch in seinem Zentrum – es fehlt ein Instrument zur Personalbemessung, und genau das wollen wir liefern. Unser Gesetz wäre in dieser Situation der entscheidende Baustein zur Beendigung des Pflegenotstands in den Hamburger Krankenhäusern. Der Senat darf sich diese Chance nicht entgehen lassen. Er muss die Klage jetzt zurückziehen und unser Gesetz einführen – die Finanzierung ist ja nun da," so Sprecher Axel Hopfmann.
"Eine Mindestpflege reicht uns nicht. Die Menschen in dieser Stadt verdienen eine Top-Versorgung und keine Pflege an der Untergrenze. Die Bürger zahlen Steuern und Beiträge, damit sie entsprechend ihrem Bedarf versorgt werden und nicht entlang eines Minimums," ergänzt Sprecher Florian Stender.